Ich blicke tief und lasse tief blicken. Immer mal wieder bin ich damit konfrontiert, dass jemand sagt, ich würde aber schon sehr persönliche Sachen mit der Öffentlichkeit teilen. Ja, das stimmt. Ich habe nichts zu verheimlichen, nichts zu verstecken. Es gibt nichts, was jemand nicht wissen oder sehen darf. Natürlich kann ich missverstanden werden, doch auch das geht.

Ein Jahr ist es nun her, seit Wilma hier zu Hause auf die Welt kam. Für mich ist es immer noch ein berührendes Erlebnis. Ich bemerke, dass wenn ich es erzähle, dass da bei den Menschen meist etwas ganz anderes geschieht, als ich erwartet habe. Viel Schmerz über eigene Geburtsgeschichten. Bewunderung. Unverständnis.

Dabei weiss ich tief in mir drin, dass das Geburt ist, wie die Schöpfung, das Universum, Gott, die Natur, woran du auch immer glaubst, so für uns gedacht hat. Das ist pure Kraft für jedes Wesen, dass daran beteiligt ist. Das berührt so tief, in jeder Zelle des Körpers, die Seele, mein ganzes Sein.

So ist Geburt gedacht.

Da hast du plötzlich eine Ahnung davon, was das bedeuten könnte, “wie die Phoenix aus der Asche” zu steigen. Viele sagen, dass diese Kinder anders seien, die auf diese ungestörte Weise auf die Welt kämen. Das kann ich nicht sagen, zu komplex die Zusammenhänge, die Einflüsse. Die Schwangerschaft, die Sicht auf die Kinder, die Art sie in die Welt und in der Welt zu begleiten. Was ich aber sagen kann, dass die Mutter eine andere ist, die auf diese ungestörte Weise gebären konnte. Für mich unfassbar, wie ich noch klarer fühle, was richtig für mich und meine Kinder ist und ich den Mut habe, dafür hinzustehen. In dieses Gefühl zu vertrauen. In mich zu vertrauen. In meine Kinder zu vertrauen.

Und ich kann dir sagen, dass ich dieses Jahr wieder mit Kopfschütteln und fragenden Gesichtern konfrontiert war, weil ich Entscheidungen getroffen habe, die viele für sich nicht getroffen hätten. Und mancher Rat, dass ich das vielleicht mal bereuen könnte. Und ich sage bewusst “ich”, denn mein Mann hätte wohl so oft lieber den gesellschaftskonformeren Weg gewählt. Ich manchmal auch. Ich kann es nicht immer auf dieselbe Weise halten, wenn ich auf Unverständnis oder Widerstand treffe. Gerade weil ich nicht kämpfen will.

Du möchtest vielleicht wissen, welche Entscheidungen das waren… Therapievorschläge der Schule auszuschlagen und die älteste Tochter aus der Schule zu nehmen. Nicht, weil die Schule schlecht wäre, aber weil ich Therapien testen müsste, die ich nicht als stimmig fühle. Dann den jüngeren Sohn aus dem Kindergarten zu nehmen, da er da einfach nicht hin will. Aber das kann er doch nicht entscheiden!? Nein, kann er nicht. Aber fühlend dabei zu sein, zu schauen, was uns JETZT in unsere Kraft bringt und dann zu entscheiden. Und ja, das klingt jetzt so einfach. War es bei Weitem nicht. Es gab Wochen und Monate, wo ich dachte, durchzudrehen. Und ich würde diesen Satz gerne noch dreimal wiederholen, denn den überliest man gerne. Ich meine wirklich durchdrehen. Radikal deinen eigenen Impulsen zu folgen, dieser inneren Stimme, die dir eigentlich sehr deutlich sagt, was der nächste Schritt ist. Nur hört man sie nicht so gerne, denn sie verlangt ungemütliches Verhalten, manchmal. Den Job an den Nagel zu hängen, mich selbständig zu machen mit einer Berufsbezeichnung, die es offiziell nicht gibt, ohne Hebamme zu gebären, die Kinder von der Schule zu nehmen. Viele meinen, ich täte das, weil ich gegen irgendwas wäre, dass ich irgendwas falsch fände (dachte ich übrigens auch lange, dass das andere dann falsch sein muss). Ich bin nicht dagegen, ich finde es auch nicht falsch. Es passt einfach nicht für mich. Punkt. Einer mag Birnen, der andere Äpfel. Da ist weder der eine noch der andere, noch die Birne oder der Apfel falsch. Schön ist, wenn du überhaupt merkst, dass du was anderes viel lieber magst und das dann auch tust.

Und du darfst jederzeit deine Meinung ändern. Was heute passt, muss morgen nicht mehr stimmen.

Auch wenn sich dieser Weg sehr sinnhaft anfühlt, kann ich nicht behaupten, dass es immer einfach wäre. Fühlen hilft da ungemein. Wie lange ich nicht wusste, wie das geht. Ich war so schnell im Handeln und Reden, dass ich gar nicht wusste, dass da ja die Möglichkeit besteht, zuerst zu fühlen und dann vielleicht zu handeln, zu reden, mich zu erklären. Oder eben nicht. Zu fühlen, was da von den vielen Stimmen meins ist, was meinem Verstand, meinem Herzen, meinem Mann, was den Aussenstehenden, meinen Kindern gehört. Übrigens der schwierigste Punkt immer wieder. Die Kinder. Sie sind so krass mit uns verbunden. Es ist unfassbar. Ich fühlte das immer wieder, dass ich da eine grosse Rolle spiele. Und dann wollte ich wieder nichts damit zu tun haben. Und ich will das jetzt gar nicht bewerten. Es ist einfach. Sie sind so stark mit uns verwoben. Ah, vielleicht willst du da weiterlesen, wenn du immer mal wieder hörst, dass du das Problem bist. Klick hier.


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